Messeküche zum überhöhten Preis: Der Weg aus der Misere
Die Masche ist alt, funktioniert aber immer noch prächtig: Auf den vielen Verbrauchermessen überall in der Republik locken Händler mit angeblichen Schnäppchenpreisen für ihre Messeküchen. Doch in Wahrheit sind solche Angebote meist völlig überteuert.
Wenn auch Sie in die Preisfalle Messeküche getreten sind und sich haben überrumpeln lassen, dann können Ihnen die Erfahrungen einer unserer Leserinnen den Weg aufzeigen, um den finanziellen Schaden zu minimieren.
Eine E-Mail unserer Leserin Uta Linger (Name anonymisiert) endete mit den Worten:
(…) was ich jetzt endgültig machen werde, muss ich mir noch überlegen. Vielleicht können Sie ja Ihre Leser nochmals nachdrücklich vor solchen Verträgen warnen. Das hilft zwar mir wohl nicht mehr viel, aber doch hoffentlich vielen anderen sehr!
Was war geschehen? Ich lasse Uta Linger selbst erzählen. Ihre Schreiben habe ich hier und da etwas gekürzt:
Lieber Herr Günther, ich bin inzwischen Besitzerin Ihrer beiden Bücher und lese immer Ihren Newsletter mit großem Interesse. Ihre Ausführungen zur Thematik Abzocke beim Küchenkauf veranlassen mich, Ihnen mein „Vertragsproblem“ zu schildern.
Im Mai 2017 unterzeichnete ich auf dem Mannheimer Maimarkt am Stand der Firma Küchen X. einen Vertrag über eine Messeküche. Im Juli 2017 leistete ich dann die vereinbarte Anzahlung von 2.500,00 €.
Eigentlich bin ich immer äußerst zögerlich beim Kaufen, obwohl ich mich schon lange mit dem Gedanken trug, meine alte Küche endlich auszurangieren. Doch diesmal kam alles ganz anders. Ich hatte eines Abends ein Restaurant aufgesucht und kam dort mit zwei Herren ins Gespräch. Ich erfuhr, dass sie auf dem Maimarkt einen Messestand hatten, an dem Küchen ab Werk angeboten wurden. Wer denkt beim Werksverkauf nicht an Schnäppchen?
Es war ein schöner Abend und da wir uns sehr nett unterhalten hatten, beschloss ich, ihren Stand zu besuchen. Den Ausschlag dafür, dass ich dort tatsächlich den Vertrag über eine Messeküche unterschrieb, gab also sicherlich der nette Abend im Restaurant.
Kurz darauf musste ich mir eine neue Wohnung suchen, weil meine Vermieterin das Haus sanieren wollte. Es dauerte bis Juni 2019, bis ich in eine sehr schöne neue Wohnung einziehen konnte.
Nach dem Vertrag war die Messeküche innerhalb von zwei Jahren zu liefern. Ansonsten beinhaltete der Vertrag eine Küche in Bestausstattung (was immer das heißen mag!) ohne Elektrogeräte und Anschlusskosten, wobei der Preis nach Laufmetern errechnet wird. Für meine neue Wohnung mussten wir nun die Küche planen – in allen Einzelheiten. Ein Mitarbeiter von Küchen X. kam zum Ausmessen und anschließend besprachen wir in deren Küchenstudio in Heidelberg die endgültige Küchenzusammenstellung.
Mit dem Ergebnis der Küchenplanung war ich überhaupt nicht zufrieden, zumal ich auch noch Extrakosten für die Arbeitsplatte zahlen sollte. Dabei hatte ich doch bereits die Bestausstattung laut Vertrag. Ich bat, die Endversion nochmals zu besprechen. Das sollte dann nach den Werksferien geschehen.
Seit Juli 2019 habe ich mich nun gar nicht mehr dort gemeldet. Jetzt ist September und auch von Seiten Küchen X. kam bisher keine Anfrage, wann ich denn nun die Messeküche final bestellen wolle.
Vor ein paar Tagen sprach ich mit einem Bekannten aus der Möbelbranche, der die Messeküche bzw. den Messepreis stark überteuert fand. Zudem sei nicht klar, welche Leistung Küchen X. eigentlich genau zu erbringen habe.
Lieber Herr Günther, ich bin wie Sie der Auffassung, dass man Verträge einhalten soll (Wo kämen wir sonst hin?), auch wenn sie überteuert sind. Da hätte ich halt bei dieser Messeküche nicht so spontan zugreifen dürfen, was aber meine ganz persönliche Entscheidung war. Und ich weiß auch, dass Sie keine Rechtsauskünfte geben dürfen. Aber haben Sie eine Idee, was ich tun kann?
TV-Küchenexperte Olaf Günther rät:
"Wer jetzt eine Küche kaufen möchte, muss höllisch aufpassen. Angebliche Rabatte als Lockvögel können Sie jedenfalls vergessen. Gehen Sie deshalb nach unserem bewährten 7-Schritte-Plan vor und Sie werden überrascht sein, wie günstig Sie wegkommen." Mehr erfahren...
Wahnsinn diese Geschichte – oder? Ich antwortete:
„Hallo Frau Linger, ich gehe davon aus, dass Sie – genau wie ich an Ihrer Stelle – aus dem Messeküchen-Vertrag raus wollen. Wobei Ihre Anzahlung von 2.500,00 € aller Voraussicht nach futsch ist, wenn Sie einen Rechtsstreit scheuen. Aber immer noch besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Anders formuliert: Ein netter Abend im Restaurant kann 2.500,00 € kosten – für nichts.
Ich persönlich würde jetzt einen Brief per Einschreiben losschicken, in welchem ich den Kaufvertrag als nicht konkret bezeichnen würde, soweit es um die Leistungen von Küchen X. geht. Eine Konkretisierung sei trotz Aufforderung bisher nicht erfolgt. Der Vertrag über die Messeküche sei damit hinfällig geworden. Ich würde dazu auffordern, den angezahlten Betrag bis … zurückzuzahlen auf Konto … Gleichzeitig würde ich ankündigen, nach erfolglosem Ablauf der Rückzahlungsfrist den Betrag gerichtlich beitreiben zu lassen. Ferner würde ich mir vorbehalten, Schadensersatz zu fordern, dessen Höhe ich noch mitteilen würde.“
So forsch rangehen wollte Uta Linger nun doch nicht. Sie fragte im Anschluss bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart nach. Über die Antwort der Verbraucherzentrale hat mich Uta Linger informiert. Ich gebe diese Stellungnahme in meinen Worten verkürzt wieder:
Die Verbraucherschützer in Stuttgart sind der Meinung, die Messeküchen-Kaufverträge seien wirksam, auch wenn der Kaufgegenstand nicht genau bestimmt sei. Eine vollständige Vertragserfüllung könne daher verlangt werden. Eine Verbrauchermesse sei schließlich keine Freizeitveranstaltung. Es gäbe deshalb auch kein Widerrufsrecht. Das hätten mehrere Gerichte in Baden-Württemberg in den letzten Jahren so entschieden.
Und wie ging die Sache mit der Messeküche nun aus?
Ende November 2019 schrieb mir Frau Linger:
Hallo Herr Günther, ich möchte Ihnen noch berichten, wie die Sache mit meiner Messeküche ausgegangen ist. Auch nach mehreren Telefonaten und einem weiteren Vor-Ort-Termin konnte ich mich nicht mit Küchen X. einigen. Meine Nerven sind mir aber viel wichtiger als Geld, weshalb der Messevertrag mit meiner Anzahlung als Stornogebühr in gegenseitigem Einvernehmen aufgelöst wurde.
Wie ich Ihnen schon schrieb, besitze ich ja Ihren Ratgeber „Clever Küchen kaufen“ und bin anschließend nach Ihrer darin beschriebenen Kaufstrategie vorgegangen. Das Resultat: Ich konnte bei einem anderen Händler die gleiche Küche vom gleichen Hersteller sage und schreibe 3.241,00 € günstiger als zum Messepreis kaufen.
Trotz der verlorenen Anzahlung ist mir also immer noch ein hübsches Sümmchen an echter Ersparnis geblieben. Und meine Küche ist jetzt so, wie ich sie wollte. Schade, dass ich Sie und Ihr Buch nicht vor meinem Maimarkt-Besuch vor über zwei Jahren kannte. Aber es war eben damals ein netter Abend …
Da blieb mir nur noch, Frau Linger zu gratulieren und ihr viel Spaß mit ihrer neuen Küche zu wünschen.
Wenn auch Sie einen Vertrag über eine Messeküche abgeschlossen haben, können Sie mit unseren Tipps in Clever Küchen kaufen das gleiche oder sogar noch ein besseres Ergebnis erreichen. Aber das ist natürlich allein Ihre Entscheidung.
Hinweis: Wir führen keine Rechtsberatung durch. Wir geben hier nur unsere Sicht der Dinge wieder.
TV-Küchenexperte Heinz G. Günther mahnt:
"91,4% aller Küchenkäufer:innen zahlen zu viel oder verlieren schlimmstenfalls sogar Geld, weil Sie diese 11 Tricks der Händler nicht kennen und die Warnsignale völlig ignorieren." Mehr erfahren...
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